Das Arbeitszeugnis: Ein wichtiges Dokument für die berufliche Zukunft
Nach der Ausbildung oder beim Jobwechsel ist das Arbeitszeugnis eines der wichtigsten Dokumente für die weitere Karriere. Es dokumentiert nicht nur die Art und Dauer der Tätigkeit, sondern bewertet auch die Leistungen und das Verhalten während der Beschäftigung. Als rechtlich verbindliches Dokument hat jeder Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch darauf - dies ist in § 109 der Gewerbeordnung sowie in § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt.
Gerade in der IT-Branche, die von häufigen Jobwechseln und vielen Entwicklungsmöglichkeiten geprägt ist, spielt das Arbeitszeugnis eine besondere Rolle. Es dient zukünftigen Arbeitgebern als wichtige Entscheidungsgrundlage bei der Personalauswahl und kann maßgeblich die Chancen bei Bewerbungen beeinflussen. Dabei muss das Zeugnis einerseits der Wahrheit entsprechen, andererseits aber auch wohlwollend formuliert sein, um das berufliche Fortkommen nicht zu behindern.
Die Bedeutung des Arbeitszeugnisses zeigt sich auch darin, dass jährlich über 30.000 arbeitsrechtliche Prozesse um Formulierungen und Bewertungen in Arbeitszeugnissen geführt werden. Umso wichtiger ist es, die eigenen Rechte zu kennen und zu verstehen, was hinter den standardisierten Formulierungen steckt. Ein gutes Arbeitszeugnis kann Türen öffnen - ein schlechtes hingegen kann den weiteren Karriereweg deutlich erschweren.
Unterschiedliche Arten von Arbeitszeugnissen
Je nach Situation und Anlass gibt es verschiedene Arten von Arbeitszeugnissen. Die einfachste Form ist das einfache Arbeitszeugnis, das nur die Art und Dauer der Beschäftigung dokumentiert. Es enthält die persönlichen Angaben, eine genaue Beschreibung der Tätigkeit sowie die zeitliche Dauer des Arbeitsverhältnisses. Diese Mindestanforderungen muss jeder Arbeitgeber erfüllen, wenn ein Zeugnis angefordert wird.
Deutlich aussagekräftiger ist das qualifizierte Arbeitszeugnis. Zusätzlich zu den Grundinformationen enthält es eine Beurteilung der Leistung und des Verhaltens. Dabei werden die fachliche Kompetenz, die Arbeitsweise und das Sozialverhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden bewertet. Ein qualifiziertes Zeugnis muss der Arbeitgeber allerdings nur auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers ausstellen. Wer ein qualifiziertes Zeugnis möchte, sollte dies daher explizit einfordern.
Eine Besonderheit stellt das Zwischenzeugnis dar. Es kann während eines laufenden Arbeitsverhältnisses beantragt werden, etwa bei einem Vorgesetztenwechsel, einer Versetzung oder wenn man sich auf andere Stellen bewerben möchte. Auch für Bewerbungen während der Elternzeit oder bei einer längeren Freistellung als Betriebsrat kann ein Zwischenzeugnis sinnvoll sein. Der Arbeitnehmer muss dafür einen triftigen Grund nachweisen.
Das vorläufige Zeugnis wird kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt, wenn der genaue Endtermin bereits feststeht. Es unterscheidet sich vom endgültigen Arbeitszeugnis nur durch den Hinweis auf die noch nicht beendete Beschäftigung. Nach dem tatsächlichen Ausscheiden wird es durch das finale Arbeitszeugnis ersetzt.
Für Auszubildende gibt es spezielle Ausbildungszeugnisse. Diese müssen neben Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung auch die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse dokumentieren. Auf Verlangen muss auch hier eine Beurteilung von Leistung und Verhalten ergänzt werden. Das Ausbildungszeugnis wird vom Ausbilder unterschrieben und ist auch bei vorzeitigem Abbruch oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung auszustellen.
Rechtliche Grundlagen und formale Anforderungen
Das Arbeitszeugnis unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben. Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ist im § 109 der Gewerbeordnung sowie im § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert. Dabei gilt der Grundsatz, dass das Zeugnis in Schriftform erstellt werden muss - eine elektronische Form ist nicht zulässig. Der Arbeitgeber muss das Zeugnis auf einem Geschäftsbogen mit Briefkopf ausstellen und es persönlich oder von einem bevollmächtigten Vertreter unterschreiben lassen.
Bei der Erstellung des Zeugnisses müssen vier zentrale Grundsätze beachtet werden: Wahrheit, Wohlwollen, Vollständigkeit und Klarheit. Das bedeutet, alle Aussagen müssen der Wahrheit entsprechen, dabei aber wohlwollend formuliert sein, um das berufliche Fortkommen nicht zu behindern. Das Zeugnis muss alle wesentlichen Tätigkeiten und Bewertungen enthalten und in klarer, verständlicher Sprache verfasst sein. Versteckte oder verschlüsselte Botschaften sind nicht erlaubt.
Bestimmte Inhalte dürfen in einem Arbeitszeugnis nicht erwähnt werden. Dazu gehören Angaben über Krankheiten, Schwangerschaften, Gewerkschafts- oder Betriebsratszugehörigkeit sowie private Angelegenheiten. Auch Abmahnungen oder Streitigkeiten haben im Zeugnis nichts zu suchen. Eine Ausnahme bilden nur Sachverhalte, die in direktem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen und nachweislich erhebliche Auswirkungen hatten.
Das fertige Zeugnis muss in einem einwandfreien Zustand übergeben werden. Es darf keine Flecken, Knicke, Radierungen oder handschriftliche Korrekturen aufweisen. Die äußere Form darf nicht den Eindruck erwecken, der Arbeitgeber distanziere sich vom Inhalt des Zeugnisses. Das Ausstellungsdatum sollte mit dem letzten Arbeitstag übereinstimmen oder zeitnah dazu liegen.
Der Arbeitgeber muss das Zeugnis unverzüglich nach der Anforderung ausstellen. Zwar gibt es keine gesetzliche Frist, jedoch sollte die Erstellung nicht unnötig verzögert werden. Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt nach drei Jahren, kann aber unter Umständen schon früher verwirken, wenn der Arbeitnehmer zu lange mit der Anforderung wartet. Erfüllt das Zeugnis nicht die rechtlichen Anforderungen, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Korrektur oder Neuausstellung.
Die Zeugnissprache verstehen
Die Sprache in Arbeitszeugnissen folgt einem standardisierten System, das sich über Jahrzehnte entwickelt hat. Zentral ist dabei die Bewertungsskala, die sich an Schulnoten orientiert. Die beste Bewertung "sehr gut" erkennt man an dreifachen Steigerungen wie "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit". Eine "gute" Beurteilung enthält zwei Steigerungen, etwa "stets zu unserer vollen Zufriedenheit". Bei "befriedigend" findet sich nur eine Steigerung wie "zu unserer vollen Zufriedenheit", während "ausreichend" ohne Steigerung als "zu unserer Zufriedenheit" formuliert wird.
Bei der Beurteilung der Arbeitsleistung werden verschiedene Aspekte bewertet. Die Arbeitsbereitschaft wird bei sehr guter Leistung etwa als "zeigte stets große Initiative, großen Fleiß und Eifer" beschrieben. Die Arbeitsbefähigung wird bei guter Bewertung mit Formulierungen wie "verfügt über ein gutes, fundiertes Fachwissen und löst schwierige Aufgaben jederzeit" ausgedrückt. Die Arbeitsweise wird bei positiver Beurteilung beispielsweise als "arbeitete stets äußerst gründlich und mit großer Sorgfalt" beschrieben.
Das Sozialverhalten wird ebenfalls nach festen Mustern beurteilt. Dabei ist die Reihenfolge der genannten Personengruppen wichtig: Zuerst sollten Vorgesetzte, dann Kollegen und zuletzt Kunden genannt werden. Fehlt eine Gruppe oder wird die Reihenfolge verändert, deutet dies auf Probleme hin. Eine sehr gute Bewertung lautet etwa: "Das persönliche Verhalten war immer absolut vorbildlich und er wurde von Vorgesetzten, Kollegen und Kunden gleichermaßen sehr geschätzt."
Besonders aufmerksam sollte man bei scheinbar positiven Formulierungen sein, die tatsächlich Kritik verschlüsseln. Wenn beispielsweise steht "Er war stets bemüht", bedeutet dies, dass die Leistung nicht den Erwartungen entsprach. "Er erledigte alle Aufgaben mit der ihm eigenen Sorgfalt" deutet auf mangelnde Sorgfalt hin. Die Formulierung "Sie war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen" kritisiert eine überhebliche Selbstdarstellung.
Die Schlussformulierung eines Zeugnisses ist ebenfalls aussagekräftig. Ein sehr gutes Zeugnis enthält vier Elemente: den Grund des Ausscheidens, Bedauern über das Ausscheiden, Dank für die Zusammenarbeit und gute Wünsche für die Zukunft. Fehlt eines dieser Elemente, mindert dies die Gesamtbewertung. "Er verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sein Ausscheiden sehr, danken ihm für seine stets sehr gute Zusammenarbeit und wünschen ihm beruflich wie privat weiterhin viel Erfolg" wäre eine sehr positive Schlussformel.
Auch berufsspezifische Kompetenzen sollten im Zeugnis erwähnt werden. Für IT-Fachkräfte sind dies etwa Projektmanagement-Fähigkeiten, technisches Verständnis, Problemlösungskompetenz oder die Fähigkeit zur selbstständigen Einarbeitung in neue Technologien. Fehlen solche wichtigen berufstypischen Eigenschaften im Zeugnis, kann dies als versteckte Kritik verstanden werden. Die Erwähnung dieser Kompetenzen sollte daher aktiv eingefordert werden.
Das Zeugnis prüfen und Rechte durchsetzen
Nach Erhalt des Arbeitszeugnisses sollte man dieses sorgfältig auf formale und inhaltliche Aspekte prüfen. Zunächst muss das Zeugnis auf einem Geschäftspapier mit Briefkopf erstellt sein und von einem Vorgesetzten oder einer berechtigten Person unterschrieben werden. Das Ausstellungsdatum sollte mit dem letzten Arbeitstag übereinstimmen. Der äußere Zustand muss einwandfrei sein - ohne Knicke, Flecken oder handschriftliche Korrekturen.
Bei inhaltlichen Mängeln oder unzutreffenden Beurteilungen haben Arbeitnehmer verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Der erste Schritt sollte immer das direkte Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung sein. Viele Unstimmigkeiten lassen sich auf dieser Ebene klären. Dabei sollten konkrete Änderungswünsche sachlich vorgebracht und mit Beispielen aus dem Arbeitsalltag begründet werden. Die gewünschten Formulierungen können auch schriftlich eingereicht werden.
Führt das persönliche Gespräch nicht zum Erfolg, muss der Anspruch auf Zeugniskorrektur schriftlich geltend gemacht werden. Dafür sollte man eine Frist setzen und die gewünschten Änderungen präzise benennen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein wahrheitsgemäßes und wohlwollendes Zeugnis auszustellen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Die Frist für eine Zeugnisberichtigungsklage beträgt drei Wochen nach Erhalt des mangelhaften Zeugnisses.
Die Beweislast für die Richtigkeit der Beurteilung ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Will der Arbeitgeber eine schlechtere Note als "befriedigend" vergeben, muss er die Gründe dafür nachweisen. Fordert der Arbeitnehmer eine bessere Note als "befriedigend", liegt die Beweislast bei ihm. In beiden Fällen sind konkrete Beispiele und möglichst schriftliche Belege wichtig. Positive Beurteilungen aus Zwischenzeugnissen oder dokumentierte Erfolge können dabei hilfreich sein.
Ein Zeugnis darf nachträglich weder geändert noch manipuliert werden, da es sich um eine Urkunde handelt. Werden Änderungen notwendig, muss der Arbeitgeber ein komplett neues Zeugnis ausstellen. Der Anspruch auf Zeugniserteilung oder -korrektur verjährt nach drei Jahren, kann aber bereits früher verwirken, wenn der Arbeitnehmer sein Recht längere Zeit nicht geltend macht. Gewerkschaftsmitglieder können sich bei Problemen mit dem Arbeitszeugnis an ihre Gewerkschaft wenden und dort rechtliche Unterstützung erhalten.
Tipps für den Umgang mit dem Arbeitszeugnis
Der richtige Zeitpunkt für die Anforderung eines Arbeitszeugnisses ist entscheidend. Bei einer Kündigung sollte das Zeugnis direkt mit der Kündigung angefordert werden, bei einem Aufhebungsvertrag bereits während der Vertragsverhandlungen. So bleibt genügend Zeit für eventuelle Korrekturen. Besonders in der IT-Branche, wo Jobwechsel häufig sind, empfiehlt es sich zudem, in regelmäßigen Abständen oder nach wichtigen Projekten ein Zwischenzeugnis anzufordern. Dies dokumentiert die berufliche Entwicklung und kann bei späteren Unstimmigkeiten als Vergleichsgrundlage dienen.
Das Original des Arbeitszeugnisses sollte sorgfältig aufbewahrt werden, am besten in einer Klarsichthülle und an einem lichtgeschützten Ort. Für Bewerbungen verwendet man ausschließlich hochwertige Kopien. Das Original muss jederzeit verfügbar sein, da auch Jahre später noch Arbeitgeber danach fragen können. Dabei ist zu beachten, dass das Zeugnis nicht gelocht oder getackert werden sollte, da dies als Beschädigung einer Urkunde gewertet werden könnte.
Bei der Verwendung in Bewerbungen sollten die Zeugnisse chronologisch geordnet und vollständig eingereicht werden. Fehlende Zeugnisse können Fragen aufwerfen und den Bewerbungsprozess negativ beeinflussen. Wenn ein Zeugnis nicht optimal ausgefallen ist, kann dies im Anschreiben oder Vorstellungsgespräch konstruktiv thematisiert werden. Dabei sollte der Fokus darauf liegen, welche Lehren man aus der Situation gezogen hat und wie man sich seitdem weiterentwickelt hat.
Ein vorausschauendes Zeugnismanagement zahlt sich gerade in der dynamischen IT-Branche aus. Dazu gehört auch, wichtige Projekte, Erfolge und positive Rückmeldungen während der Beschäftigung zu dokumentieren. Diese Informationen können bei der späteren Zeugniserstellung oder bei gewünschten Korrekturen als Argumentationsgrundlage dienen. Zudem empfiehlt es sich, Zeugnisse zeitnah nach Erhalt auf ihre Richtigkeit zu prüfen, da der Korrekturanspruch mit der Zeit verwirken kann.