Zuletzt aktualisiert am 16. Januar 20257 Minuten Lesezeit

Konflikte in der Ausbildung meistern

Der Start in die duale Ausbildung bedeutet für dich den Einstieg in eine neue Welt: Du lernst nicht nur fachliche Inhalte, sondern arbeitest auch zum ersten Mal in einem professionellen Team. Dabei können manchmal Missverständnisse oder Konflikte entstehen - das ist völlig normal und kommt in den besten Ausbildungsverhältnissen vor.

Konflikte entstehen oft durch unterschiedliche Erwartungen oder Kommunikationsprobleme. Vielleicht fühlst du dich überfordert mit einer Aufgabe, oder dein Ausbilder ist unzufrieden mit deiner Arbeitsweise. Möglicherweise gibt es auch Spannungen mit Kollegen oder Probleme in der Berufsschule.

Das Wichtigste ist: Konflikte sind lösbar. Je früher du sie erkennst und ansprichst, desto besser. In dieser Übersicht erfährst du, welche typischen Konfliktsituationen es gibt, wer dich dabei unterstützen kann und wie du schwierige Gespräche erfolgreich meisterst.

Die häufigsten Gründe für Konflikte in der Ausbildung sind:

  • Kommunikationsprobleme zwischen Azubi und Ausbilder
  • Unklarheit über Aufgaben und Erwartungen
  • Über- oder Unterforderung im Betrieb
  • Probleme mit Arbeitszeiten oder Überstunden
  • Schwierigkeiten in der Berufsschule

In den folgenden Abschnitten zeigen wir dir, wie du diese Herausforderungen Schritt für Schritt angehst und welche Unterstützung du dabei in Anspruch nehmen kannst.

Typische Konfliktsituationen in der Ausbildung

In der IT-Ausbildung können verschiedene Konfliktsituationen auftreten, die den Ausbildungserfolg gefährden können. Besonders häufig entstehen Spannungen durch unterschiedliche Erwartungen zwischen dir und deinem Ausbilder. Wenn du zum Beispiel hauptsächlich einfache Routineaufgaben erhältst, während du dir komplexere Projekte zutraust, kann das zu Frust führen. Umgekehrt fühlen sich manche Azubis von anspruchsvollen Aufgaben überfordert, trauen sich aber nicht, dies anzusprechen.

Ein weiterer klassischer Konfliktpunkt sind die Arbeitszeiten. Gerade in der IT-Branche können durch Projektdruck oder Systemausfälle kurzfristig Überstunden anfallen. Hier ist es wichtig zu wissen, dass für Auszubildende besondere Schutzregeln gelten. Wenn du unter 18 Jahre alt bist, darfst du maximal 40 Stunden pro Woche arbeiten. Überstunden müssen durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden.

Folgende Konfliktsituationen treten besonders häufig auf:

KonfliktbereichBeispieleMögliche Ursachen
KommunikationUnklare Arbeitsanweisungen, fehlendes FeedbackUnterschiedliche Kommunikationsstile, Zeitmangel
ArbeitsaufgabenZu viele Routinearbeiten, Überforderung bei ProjektenFehlende Absprachen, unrealistische Erwartungen
ArbeitszeitenKurzfristige Überstunden, Probleme mit BerufsschulzeitenMangelnde Planung, Unwissen über rechtliche Regelungen
TeamkonflikteSpannungen mit Kollegen, Konkurrenz unter AzubisUnterschiedliche Arbeitsweisen, persönliche Differenzen

Besonders belastend kann es sein, wenn du dich von deinem Ausbilder nicht ernst genommen fühlst. Dies zeigt sich oft in mangelndem Feedback zu deiner Arbeit oder wenn deine Verbesserungsvorschläge ohne Begründung abgelehnt werden. Auch wenn du häufig berufsfremde Tätigkeiten ausführen sollst, die nicht im Ausbildungsplan vorgesehen sind, kann das zu Unmut führen.

Ein typisches Beispiel: Du sollst als angehende/r Kaufmann/-frau hauptsächlich Ablage- und Kopierarbeiten erledigen, während die eigentlichen Ausbildungsinhalte wie Kundenberatung oder Projektplanung zu kurz kommen. In solchen Fällen ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und gemeinsam mit deinem Ausbilder einen Plan zu entwickeln, wie die Ausbildungsinhalte besser vermittelt werden können.

Auch der Umgangston kann zum Problem werden. In der IT-Branche herrscht oft ein lockerer Kommunikationsstil, trotzdem müssen grundlegende Regeln der Höflichkeit und des Respekts eingehalten werden. Wenn du dich durch Bemerkungen oder Verhaltensweisen unwohl fühlst, solltest du dies ansprechen - am besten zeitnah und in einem ruhigen Moment.

Die gute Nachricht ist: Fast alle diese Konflikte lassen sich lösen, wenn sie früh erkannt und professionell angegangen werden. Im nächsten Abschnitt erfährst du, welche Ansprechpartner dir dabei zur Seite stehen.

Die richtigen Ansprechpartner bei Problemen

Bei Konflikten in der Ausbildung stehen dir verschiedene Ansprechpartner zur Seite. Der erste Weg sollte immer das direkte Gespräch mit deinem Ausbilder sein. Viele Probleme lassen sich durch eine offene Kommunikation lösen. Wenn dies nicht möglich ist oder nicht zum gewünschten Erfolg führt, gibt es weitere professionelle Unterstützungsmöglichkeiten.

Die Ausbildungsbegleiter der IHK oder Handwerkskammer sind neutrale Ansprechpartner, die sich mit den rechtlichen und praktischen Aspekten der Ausbildung bestens auskennen. Sie beraten dich vertraulich und können zwischen dir und deinem Ausbildungsbetrieb vermitteln. Besonders hilfreich ist ihre Erfahrung bei Fragen zur Ausbildungsqualität oder wenn du unsicher bist, ob deine Ausbildung den vorgeschriebenen Standards entspricht.

In größeren Unternehmen findest du folgende interne Ansprechpartner:

AnsprechpartnerZuständigkeitWann solltest du sie kontaktieren?
Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)Vertritt die Interessen der AzubisBei alltäglichen Problemen, Fragen zur Ausbildung
BetriebsratVertritt alle MitarbeiterBei arbeitsrechtlichen Fragen, Konflikten mit Vorgesetzten
AusbildungsleitungVerantwortlich für alle AzubisBei strukturellen Problemen in der Ausbildung

Eine besondere Unterstützung bietet der Senior Experten Service (SES) mit der Initiative VerA. Dabei begleiten erfahrene Fachleute im Ruhestand Auszubildende kostenlos und vertraulich. Sie helfen dir bei fachlichen Fragen, aber auch bei der Prüfungsvorbereitung oder Konflikten im Betrieb. Diese Begleitung ist besonders wertvoll, da die Experten langjährige Berufserfahrung mitbringen und dir als neutraler Mentor zur Seite stehen.

Wenn sich ein Konflikt trotz aller Bemühungen nicht lösen lässt, kann der Schlichtungsausschuss der zuständigen Kammer eingeschaltet werden. Dieser muss bei rechtlichen Streitigkeiten sogar zwingend vor einer Klage beim Arbeitsgericht angerufen werden. Der Ausschuss versucht, eine für alle Seiten faire Lösung zu finden.

Die wichtigsten externen Anlaufstellen sind:

  • Ausbildungsberater der IHK/HWK (bei allen Fragen zur Ausbildung)
  • VerA-Initiative des SES (für individuelle Begleitung)
  • Schlichtungsausschuss (bei rechtlichen Streitigkeiten)
  • Berufsschullehrer (bei schulischen Problemen)

Alle diese Ansprechpartner unterliegen der Schweigepflicht. Du kannst dich also vertrauensvoll an sie wenden, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Je früher du dir Unterstützung holst, desto größer sind die Chancen, den Konflikt erfolgreich zu lösen und deine Ausbildung erfolgreich abzuschließen.

Strategien zur Konfliktlösung

Ein konstruktiver Umgang mit Konflikten beginnt mit der richtigen Vorbereitung. Bevor du ein klärendes Gespräch suchst, solltest du dir über deine eigenen Ziele und Erwartungen klar werden. Sammle konkrete Beispiele für die Situation, die dich belastet, und überlege dir auch, welche Lösungsvorschläge du einbringen könntest.

Vorbereitung eines Konfliktgesprächs

Eine gute Gesprächsvorbereitung umfasst diese wesentlichen Punkte:

VorbereitungsschrittKonkrete UmsetzungBeispiel
Situation analysierenFakten sammeln, Beispiele notieren"In den letzten drei Wochen hatte ich fünfmal ungeplante Überstunden"
Gefühle reflektierenEigene Emotionen verstehen"Ich fühle mich überfordert und nicht ernst genommen"
Lösungsvorschläge entwickelnRealistische Alternativen überlegen"Können wir Überstunden eine Woche im Voraus ankündigen?"

Das Gespräch führen

Wähle für das Gespräch einen ruhigen Zeitpunkt und einen neutralen Ort. Bitte deinen Ausbilder um ein Vier-Augen-Gespräch und plane dafür ausreichend Zeit ein. Beginne das Gespräch mit einer sachlichen Schilderung der Situation aus deiner Sicht. Verwende dabei "Ich-Botschaften" statt Vorwürfe zu machen. Sage zum Beispiel: "Ich fühle mich unsicher, wenn ich keine Rückmeldung zu meiner Arbeit bekomme" statt "Sie geben mir nie Feedback".

Konstruktive Gesprächsführung

Ein erfolgreiches Konfliktgespräch basiert auf diesen Grundsätzen:

  • Beschreibe die Situation konkret und sachlich
  • Höre aktiv zu und lasse dein Gegenüber ausreden
  • Frage nach, wenn du etwas nicht verstehst
  • Bleibe respektvoll, auch wenn du anderer Meinung bist
  • Konzentriere dich auf Lösungen, nicht auf Schuldzuweisungen

Nachbereitung und Vereinbarungen

Am Ende des Gesprächs sollten konkrete Vereinbarungen stehen. Fasse die besprochenen Punkte zusammen und dokumentiere sie schriftlich. Ein Beispiel könnte sein: "Wir haben vereinbart, dass ich jeden Freitag ein kurzes Feedback-Gespräch zu meinen Aufgaben bekomme und Überstunden mindestens drei Tage vorher angekündigt werden."

Professionelle Unterstützung einbinden

Wenn sich im direkten Gespräch keine Lösung abzeichnet, zögere nicht, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Ausbildungsbegleiter der Kammern können zum Beispiel ein moderiertes Gespräch anbieten, bei dem beide Seiten ihre Sichtweisen einbringen können.

Prävention für die Zukunft

Aus jedem gelösten Konflikt kannst du für die Zukunft lernen. Überlege dir nach dem Gespräch:

  • Was ist gut gelaufen?
  • Was hätte ich anders machen können?
  • Welche Strategien haben mir geholfen?
  • Wie kann ich ähnliche Situationen künftig vermeiden?

Eine regelmäßige, offene Kommunikation mit deinem Ausbilder kann helfen, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Vereinbare zum Beispiel regelmäßige kurze Feedbackgespräche, in denen ihr euch über den Stand der Ausbildung austauscht.

Denk daran: Ein professionell gelöster Konflikt kann deine Ausbildung sogar bereichern. Du lernst dabei wichtige Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Problemlösung und Durchsetzungsvermögen - Fähigkeiten, die dir in deinem weiteren Berufsleben sehr nützlich sein werden.