Zuletzt aktualisiert am 04.12.2025 7 Minuten Lesezeit

Lichtwellenleiter

Lichtwellenleiter (LWL), auch als Glasfaser bezeichnet, sind spezielle Kabel, die Daten mithilfe von Lichtimpulsen uebertragen. Im Gegensatz zu herkoemmlichen Kupferkabeln, die elektrische Signale nutzen, leiten Lichtwellenleiter das Licht durch duenne Glasfasern. Das ermoeglicht extrem hohe Datenraten ueber grosse Distanzen bei minimaler Signaldaempfung.

Die Technologie basiert auf dem physikalischen Prinzip der Totalreflexion: Licht wird an der Grenzflaeche zwischen zwei Materialien mit unterschiedlichem Brechungsindex vollstaendig zurueckgeworfen, solange es in einem bestimmten Winkel auftrifft. Dadurch bleibt das Lichtsignal im Faserkern eingeschlossen und kann ueber Kilometer hinweg transportiert werden.

Aufbau eines Lichtwellenleiters

Eine einzelne Glasfaser besteht aus mehreren konzentrischen Schichten, die jeweils eine spezifische Funktion erfuellen. Der Aufbau ist dabei hochpraezise: Die Faser selbst ist etwa so duenn wie ein menschliches Haar.

Faserkern (Core)

Der Faserkern bildet das Zentrum des Lichtwellenleiters und ist der eigentliche Bereich, durch den das Licht transportiert wird. Er besteht aus hochreinem Quarzglas (Siliziumdioxid, SiO2), das mit Germanium oder Phosphor dotiert ist. Diese Dotierung erhoeht den Brechungsindex gegenueber dem umgebenden Mantel.

Der Kerndurchmesser variiert je nach Fasertyp zwischen etwa 8 und 62,5 Mikrometern. Bei Singlemode-Fasern ist er besonders klein (8-10 Mikrometer), bei Multimode-Fasern deutlich groesser (50 oder 62,5 Mikrometer).

Fasermantel (Cladding)

Der Fasermantel umgibt den Kern und hat einen niedrigeren Brechungsindex. Dieser Unterschied ist entscheidend: An der Grenzflaeche zwischen Kern und Mantel findet die Totalreflexion statt, die das Licht im Kern haelt. Der Manteldurchmesser betraegt standardmaessig 125 Mikrometer und ist damit unabhaengig vom Fasertyp gleich.

Schutzschichten

Um die empfindliche Glasfaser herum befinden sich mehrere Schutzschichten. Das Primaercoating ist eine duenne Kunststoffschicht direkt auf dem Glasmantel, die die Faser vor Feuchtigkeit schuetzt und ihr Flexibilitaet verleiht. Darueber liegen weitere Schutzhuellen, die mechanische Beschaedigungen verhindern. In Kabeln werden mehrere Fasern gebuendelt und mit zusaetzlichen Armierungen versehen.

Funktionsweise der Datenuebertragung

Die Datenuebertragung in Lichtwellenleitern erfolgt in drei Schritten: Umwandlung elektrischer Signale in Licht, Transport durch die Faser und Rueckwandlung in elektrische Signale.

Am Anfang der Uebertragungsstrecke wandelt ein Sender (Transmitter) die elektrischen Datensignale in Lichtimpulse um. Hierfuer kommen entweder Leuchtdioden (LEDs) oder Laserdioden zum Einsatz. Laserdioden erzeugen monochromatisches Licht mit einer definierten Wellenlaenge und eignen sich fuer hohe Datenraten und lange Distanzen. LEDs sind guenstiger, aber nur fuer kuerzere Strecken und niedrigere Datenraten geeignet.

Das Licht breitet sich durch den Faserkern aus. Durch die Totalreflexion am Fasermantel bleibt es im Kern eingeschlossen, auch wenn die Faser gebogen wird. Am Ende der Strecke nimmt ein Empfaenger (Receiver) das Lichtsignal auf. Eine Fotodiode wandelt die Lichtimpulse zurueck in elektrische Signale, die dann weiterverarbeitet werden koennen.

Singlemode und Multimode

Lichtwellenleiter werden in zwei Hauptkategorien unterteilt, die sich im Kerndurchmesser und den Uebertragungseigenschaften unterscheiden. Die Wahl zwischen Singlemode und Multimode haengt von der Anwendung ab.

Singlemode-Fasern (SMF)

Singlemode-Fasern haben einen sehr kleinen Kerndurchmesser von etwa 8-10 Mikrometern. Dadurch kann sich das Licht nur in einem einzigen Ausbreitungsmodus (der sogenannten Grundmode) durch die Faser bewegen. Das Ergebnis sind minimale Signalverzerrungen und sehr geringe Daempfung.

Mit Singlemode-Fasern lassen sich Daten ueber Entfernungen von bis zu 100 Kilometern und mehr uebertragen. Sie werden daher vor allem fuer Fernverbindungen, Telekommunikationsnetze und Backbones eingesetzt. Der Standard ITU-T G.652 definiert die wichtigsten Spezifikationen fuer Singlemode-Fasern.

Multimode-Fasern (MMF)

Multimode-Fasern besitzen einen groesseren Kerndurchmesser von 50 oder 62,5 Mikrometern. Das Licht kann sich in mehreren Moden ausbreiten, die unterschiedliche Wege durch die Faser nehmen. Dies fuehrt zu Modendispersion: Die verschiedenen Moden kommen zeitlich versetzt am Empfaenger an, was die maximale Uebertragungsdistanz und Datenrate begrenzt.

Multimode-Fasern eignen sich fuer Strecken bis etwa 2 Kilometer bei hohen Datenraten. Sie werden typischerweise in Rechenzentren, Gebaeudenetzen und lokalen Netzwerken (LANs) verwendet. Der groessere Kern erleichtert die Handhabung und macht die Komponenten guenstiger als bei Singlemode.

Vergleich: Singlemode vs. Multimode

Eigenschaft Singlemode Multimode
Kerndurchmesser 8-10 um 50 oder 62,5 um
Manteldurchmesser 125 um 125 um
Reichweite bis 100 km+ bis 2 km
Datenrate sehr hoch hoch
Lichtquelle Laser LED oder Laser
Kosten hoeher niedriger
Typische Anwendung WAN, Telekommunikation LAN, Rechenzentren

Fuer die meisten Unternehmensanwendungen innerhalb eines Gebaeudes oder Campus reichen Multimode-Fasern aus. Singlemode ist die Wahl, wenn grosse Distanzen ueberbrueckt werden muessen oder maximale Bandbreite gefragt ist.

Verbindungstechniken

Glasfasern muessen praezise miteinander verbunden werden, um Signalverluste zu minimieren. Es gibt zwei grundlegende Verfahren: Steckverbindungen fuer loesbare Verbindungen und Spleissen fuer permanente Verbindungen.

Steckverbindungen

LWL-Steckverbinder ermoeglichen das einfache Verbinden und Trennen von Glasfasern. Sie werden an Patchpanels, Switches und anderen Netzwerkgeraeten eingesetzt. Die gaengigsten Steckertypen sind:

  • LC (Lucent Connector): Kompakter Stecker mit 1,25 mm Ferrule, heute Standard in Rechenzentren
  • SC (Subscriber Connector): Rechteckiger Push-Pull-Stecker mit 2,5 mm Ferrule
  • ST (Straight Tip): Bajonett-Verschluss, aelterer Standard, noch in Bestandsinstallationen
  • MTP/MPO (Multi-fiber Push On): Fuer Mehrfaser-Verbindungen mit 12 oder 24 Fasern

Spleissen

Beim Spleissen werden zwei Faserenden dauerhaft miteinander verbunden. Das Schmelzspleissen (Fusionsspleissen) ist das gaengigste Verfahren: Ein spezielles Geraet richtet die beiden Faserenden praezise aus und verschmilzt sie durch einen Lichtbogen. Die Daempfung an einer gut ausgefuehrten Schmelzspleissstelle liegt bei unter 0,1 dB.

Das Spleissen erfordert geschultes Personal und spezielle Ausruestung. Die Faserenden muessen zunaechst von der Beschichtung befreit, gereinigt und praezise gebrochen (gecleaved) werden, um plane Enflaechen zu erhalten. Nach dem Spleissen wird die Verbindungsstelle mit einem Schutzschlauch versehen.

Vorteile gegenueber Kupferkabeln

Lichtwellenleiter bieten gegenueber Kupferkabeln wie Twisted-Pair (Ethernet) oder Koaxialkabeln erhebliche Vorteile, die sie zur bevorzugten Wahl fuer Hochleistungsnetzwerke machen.

  • Hohe Bandbreite: Glasfasern uebertragen Datenraten von 10 Gbit/s bis zu mehreren Terabit/s
  • Grosse Reichweite: Singlemode-Fasern ueberbruecken bis zu 100 km ohne Verstaerker
  • Geringe Daempfung: Signalverluste sind wesentlich niedriger als bei Kupfer
  • Elektromagnetische Stoerfreiheit: Glasfasern sind immun gegen elektromagnetische Interferenzen (EMI)
  • Keine Erdschleifen: Da kein elektrischer Leiter vorhanden ist, entstehen keine Potentialunterschiede
  • Abhoersicherheit: Das Anzapfen einer Glasfaser ist deutlich schwieriger als bei Kupferkabeln
  • Geringes Gewicht und Volumen: Glasfaserkabel sind duenner und leichter als Kupferkabel gleicher Kapazitaet

Einsatzgebiete

Lichtwellenleiter sind das Rueckgrat moderner Kommunikationsnetze. Du findest sie in verschiedenen Bereichen der IT-Infrastruktur.

Telekommunikation und Internet

Die Backbones des Internets bestehen nahezu vollstaendig aus Glasfaserverbindungen. Unterseekabel verbinden Kontinente, und auch nationale Fernnetze setzen auf LWL. Bei Privatanschluessen ersetzen Glasfasern zunehmend die alte Kupfer-Infrastruktur (FTTH - Fiber to the Home).

Rechenzentren

In Rechenzentren verbinden Glasfasern Server, Storage-Systeme und Netzwerk-Switches miteinander. Die hohen Datenraten und geringen Latenzen sind fuer Cloud-Computing und virtualisierte Umgebungen unverzichtbar. Moderne Rechenzentren nutzen 100G- und 400G-Verbindungen ueber Multimode- oder Singlemode-Fasern.

Unternehmensnetzwerke

In groesseren Unternehmen und auf Campusgelaenden verbinden Glasfasern Gebaeudeverteilungen und Etagenverteiler (Backbone-Verkabelung). Die horizontale Verkabelung zum Arbeitsplatz erfolgt meist noch ueber Kupfer, aber auch hier kommen zunehmend Glasfasern zum Einsatz (Fiber to the Desk).

Industrielle Anwendungen

In industriellen Umgebungen mit starken elektromagnetischen Stoerungen (etwa durch grosse Maschinen) sind Glasfasern oft die einzige zuverlaessige Uebertragungstechnik. Sie werden auch in sicherheitskritischen Bereichen eingesetzt, wo Abhoersicherheit wichtig ist.

Lichtwellenleiter in der Praxis

Als Fachinformatiker fuer Systemintegration wirst du regelmaessig mit Glasfasertechnik arbeiten. Das betrifft sowohl die Planung und Installation von LWL-Strecken als auch die Fehlersuche und Wartung bestehender Verbindungen.

Typische Aufgaben umfassen das Patchen von Glasfaserverbindungen an Patchpanels, die Dokumentation der strukturierten Verkabelung und die Messung von LWL-Strecken mit einem OTDR (Optical Time Domain Reflectometer). Das Spleissen selbst wird oft von spezialisierten Technikern durchgefuehrt, aber ein grundlegendes Verstaendnis der Technik ist fuer die Zusammenarbeit wichtig.

Quellen und weiterfuehrende Links