Zuletzt aktualisiert am 04.12.2025 8 Minuten Lesezeit

USV

USV (Unterbrechungsfreie Stromversorgung, englisch: Uninterruptible Power Supply, UPS) ist ein elektrisches Geraet, das bei Stoerungen im Stromnetz die kontinuierliche Versorgung kritischer Verbraucher sicherstellt. Die USV ueberbrueckt Stromausfaelle, glaettet Spannungsschwankungen und schuetzt empfindliche IT-Geraete vor Schaeden durch Stromstoerungen.

Fuer die IT-Infrastruktur ist eine USV unverzichtbar: Server, Netzwerkgeraete und Storage-Systeme reagieren empfindlich auf Stromunterbrechungen. Ein ploetzlicher Stromausfall kann zu Datenverlust, Hardwareschaden oder langen Ausfallzeiten fuehren. Die USV verschafft die noetige Zeit, um Systeme kontrolliert herunterzufahren oder auf Notstromgeneratoren umzuschalten.

Funktionsweise einer USV

Das Grundprinzip einer USV basiert auf der Speicherung elektrischer Energie in Akkumulatoren. Im Normalbetrieb werden die Batterien geladen und stehen bei Bedarf sofort zur Verfuegung. Bei einer Stoerung im Stromnetz - sei es ein kompletter Ausfall, eine Unterspannung oder Ueberspannung - uebernimmt die USV die Stromversorgung der angeschlossenen Geraete.

Je nach USV-Typ erfolgt die Umschaltung unterschiedlich schnell und mit unterschiedlichem Schutzniveau. Die drei Hauptkomponenten einer USV sind der Gleichrichter (wandelt Wechselstrom in Gleichstrom zum Laden der Batterien), die Batterie (speichert die Energie) und der Wechselrichter (wandelt Gleichstrom zurueck in Wechselstrom fuer die Verbraucher).

USV-Typen im Ueberblick

Es gibt drei Haupttypen von USV-Anlagen, die sich in Funktionsweise, Schutzniveau und Kosten unterscheiden. Die internationale Norm IEC 62040-3 klassifiziert diese als VFD, VI und VFI.

Offline-USV (VFD - Voltage and Frequency Dependent)

Die Offline-USV, auch Standby-USV genannt, ist die einfachste und kostenguenstigste Variante. Im Normalbetrieb werden die angeschlossenen Verbraucher direkt vom Stromnetz versorgt, waehrend die Batterie im Standby geladen wird. Erst bei einem Stromausfall oder starken Spannungsschwankungen schaltet die USV auf Batteriebetrieb um.

Die Umschaltzeit liegt bei Qualitaetsmodellen zwischen 4 und 10 Millisekunden. Diese kurze Unterbrechung ist fuer die meisten IT-Geraete unkritisch, da deren Netzteile ueber genuegend Pufferkapazitaet verfuegen. Allerdings bietet die Offline-USV keinen Schutz vor Spannungsschwankungen im laufenden Betrieb.

Eigenschaft Wert
Klassifizierung VFD (Klasse 3)
Umschaltzeit 4-10 ms
Spannungsregulierung Keine (direkte Netzversorgung)
Typische Leistung bis 1.500 VA
Einsatzgebiet Einzelplatz-PCs, Peripheriegeraete

Line-Interactive-USV (VI - Voltage Independent)

Die Line-Interactive-USV erweitert das Offline-Konzept um einen Automatic Voltage Regulator (AVR). Dieser gleicht Unter- und Ueberspannungen kontinuierlich aus, ohne auf Batteriebetrieb umschalten zu muessen. Das schont die Batterie und bietet besseren Schutz als eine reine Offline-USV.

Im Normalbetrieb werden die Verbraucher vom Netz versorgt, aber der AVR korrigiert Spannungsabweichungen automatisch. Bei Stromausfall erfolgt die Umschaltung auf Batterie innerhalb von 2 bis 4 Millisekunden. Die Line-Interactive-USV stellt einen guten Kompromiss zwischen Schutz und Kosten dar.

Eigenschaft Wert
Klassifizierung VI (Klasse 2)
Umschaltzeit 2-4 ms
Spannungsregulierung AVR (Automatic Voltage Regulator)
Typische Leistung bis 5.000 VA
Einsatzgebiet Workstations, kleine Server, Netzwerkgeraete

Online-USV (VFI - Voltage and Frequency Independent)

Die Online-USV, auch Double-Conversion-USV genannt, bietet den hoechsten Schutz. Bei dieser Technologie werden die Verbraucher staendig ueber den Wechselrichter aus der Batterie versorgt - nicht nur bei Stoerungen. Der Netzstrom dient lediglich zum kontinuierlichen Laden der Batterien.

Da keine Umschaltung stattfindet, gibt es keine Unterbrechung bei Stromausfall. Die Verbraucher erhalten eine vollstaendig aufbereitete, saubere Sinusspannung, unabhaengig von Stoerungen im Eingangsnetz. Online-USVs verfuegen zusaetzlich ueber einen Bypass, der bei Ueberlast oder Defekt des Wechselrichters die direkte Netzversorgung ermoeglicht.

Eigenschaft Wert
Klassifizierung VFI (Klasse 1)
Umschaltzeit 0 ms (keine Umschaltung)
Spannungsregulierung Vollstaendige Spannungsaufbereitung
Typische Leistung ab 1.000 VA, keine Obergrenze
Einsatzgebiet Server, Rechenzentren, kritische Infrastruktur

Vergleich der USV-Typen

Die Wahl des richtigen USV-Typs haengt von den Anforderungen an Verfuegbarkeit, Stromqualitaet und Budget ab. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zusammen.

Kriterium Offline-USV Line-Interactive Online-USV
Umschaltzeit 4-10 ms 2-4 ms 0 ms
Spannungsregulierung Nein AVR Vollstaendig
Frequenzregulierung Nein Nein Ja
Wirkungsgrad ~95% ~95% ~90-94%
Anschaffungskosten Niedrig Mittel Hoch
Batterieverschleiss Gering Gering Hoeher
Schutzlevel Basis Mittel Maximal

Fuer unkritische Arbeitsplaetze reicht eine Offline-USV aus. Kleine Server und Netzwerkgeraete profitieren von Line-Interactive-Systemen. Fuer Rechenzentren und geschaeftskritische Systeme ist eine Online-USV die richtige Wahl, da sie den hoechsten Schutz bei null Umschaltzeit bietet.

Wichtige Kennzahlen einer USV

Bei der Dimensionierung einer USV sind mehrere Kennzahlen relevant. Das Verstaendnis dieser Werte ist wichtig, um die richtige USV fuer den jeweiligen Einsatzzweck auszuwaehlen.

Scheinleistung (VA) und Wirkleistung (Watt)

USV-Anlagen werden mit zwei Leistungsangaben spezifiziert: Voltampere (VA) fuer die Scheinleistung und Watt (W) fuer die Wirkleistung. Die Scheinleistung beschreibt das Produkt aus Spannung und Strom, waehrend die Wirkleistung die tatsaechlich nutzbare Leistung angibt.

Das Verhaeltnis zwischen Wirkleistung und Scheinleistung wird als Leistungsfaktor (Power Factor, cos phi) bezeichnet. Bei typischen IT-Geraeten liegt dieser zwischen 0,6 und 1,0. Eine USV mit 1.000 VA und einem Leistungsfaktor von 0,7 kann also maximal 700 Watt Wirkleistung liefern.

Faustformel zur Umrechnung:

  • VA in Watt: VA x 0,65 = Watt (Naeherung)
  • Watt in VA: Watt x 1,55 = VA (Naeherung)

Beispielrechnung:
Ein Server mit 400 Watt Leistungsaufnahme und Leistungsfaktor 0,9 benoetigt:
400 W / 0,9 = 445 VA

Ueberbrueckungszeit (Autonomiezeit)

Die Ueberbrueckungszeit gibt an, wie lange die USV die angeschlossenen Verbraucher bei vollem Batteriebetrieb versorgen kann. Sie haengt von der Batteriekapazitaet und der tatsaechlichen Last ab. Typische Werte liegen zwischen 5 und 30 Minuten bei Volllast.

Die Ueberbrueckungszeit ist nicht dazu gedacht, laengere Stromausfaelle zu ueberbruecken. Ihr Zweck ist es, genuegend Zeit fuer ein kontrolliertes Herunterfahren der Systeme zu geben oder die Luecke bis zum Anspringen eines Notstromaggregats zu schliessen. Bei geringerer Last verlaengert sich die Ueberbrueckungszeit entsprechend.

Batterietechnologien

Die Batterie ist das Herzstück jeder USV. Die Wahl der Batterietechnologie beeinflusst Lebensdauer, Wartungsaufwand und Kosten erheblich.

Blei-Saeure-Batterien (VRLA)

VRLA-Batterien (Valve Regulated Lead Acid) sind der Standard in USV-Systemen. Sie sind wartungsfrei, da das Elektrolyt in einem Gel oder Vlies (AGM - Absorbent Glass Mat) gebunden ist. Die typische Lebensdauer betraegt 3 bis 5 Jahre bei korrekter Umgebungstemperatur (20-25 Grad Celsius).

Hoehere Temperaturen verkuerzen die Lebensdauer erheblich: Pro 10 Grad ueber der Nenntemperatur halbiert sich die Lebensdauer etwa. In klimatisierten Serverraeumen erreichen hochwertige AGM-Batterien Lebensdauern von 5 bis 10 Jahren.

Lithium-Ionen-Batterien

Lithium-Ionen-Batterien sind eine neuere Alternative mit deutlichen Vorteilen: Sie haben eine laengere Lebensdauer (8-15 Jahre), sind kompakter und leichter, vertragen hoehere Temperaturen besser und benoetigen weniger Ladezyklen. Allerdings sind die Anschaffungskosten derzeit noch deutlich hoeher als bei Blei-Saeure-Batterien.

Fuer Rechenzentren mit hohen Anforderungen an Verfuegbarkeit und begrenztem Platz werden Lithium-Ionen-Batterien zunehmend attraktiv. Die hoeheren Anschaffungskosten werden durch geringeren Wartungsaufwand und laengere Lebensdauer teilweise kompensiert.

USV-Management und Ueberwachung

Moderne USV-Systeme verfuegen ueber Schnittstellen zur Kommunikation mit angeschlossenen Servern und Netzwerk-Management-Systemen. Dies ermoeglicht automatische Reaktionen auf Stromausfaelle und proaktive Wartung.

Typische Management-Funktionen:

  • Automatisches Shutdown: Bei niedrigem Batteriestand werden angeschlossene Server kontrolliert heruntergefahren
  • SNMP-Ueberwachung: Integration in Netzwerk-Monitoring-Systeme
  • E-Mail-Benachrichtigung: Automatische Alarme bei Stoerungen oder Batteriewarnungen
  • Remote-Management: Ueberwachung und Konfiguration ueber Webinterface
  • Batteriediagnose: Regelmaessige Tests zur Ueberpruefung der Batteriekapazitaet

Die Software-Integration erfolgt ueber serielle Schnittstellen (RS-232), USB oder Netzwerk (SNMP, HTTP). Gaengige Betriebssysteme wie Windows Server und Linux unterstuetzen USV-Kommunikation nativ oder ueber Zusatzsoftware wie NUT (Network UPS Tools) oder den APC PowerChute.

Dimensionierung einer USV

Die korrekte Dimensionierung einer USV ist entscheidend fuer zuverlaessigen Schutz. Eine zu kleine USV wird bei hoher Last ueberlastet, eine zu grosse verschwendet Geld und arbeitet ineffizient.

Schritte zur Dimensionierung:

  1. Geraete erfassen: Alle zu schuetzenden Geraete auflisten (Server, Switches, Storage, Monitore)
  2. Leistungsaufnahme ermitteln: Watt- und VA-Werte von den Typenschildern oder Datenblaettern ablesen
  3. Gesamtlast berechnen: Alle Werte addieren
  4. Reserve einplanen: USV auf maximal 75-80% ihrer Nennleistung auslegen
  5. Erweiterungen beruecksichtigen: Zukuenftiges Wachstum einkalkulieren

Wichtig: Beide Grenzwerte muessen eingehalten werden - sowohl die Watt- als auch die VA-Grenze der USV. Eine USV mit 1.000 VA / 600 W kann nicht fuer Geraete mit 700 Watt verwendet werden, auch wenn die VA-Grenze nicht ueberschritten wird.

Wartung und Batterieaustausch

USV-Systeme erfordern regelmaessige Wartung, um ihre Funktionsfaehigkeit sicherzustellen. Der kritischste Punkt ist die Batterie, deren Kapazitaet mit der Zeit abnimmt.

Wartungsempfehlungen:

  • Monatlich: Sichtpruefung auf LED-Status und Warnmeldungen
  • Quartalsweise: Batterietest durchfuehren (ueber USV-Management-Software)
  • Jaehrlich: Umfassende Inspektion, Luftfilter reinigen, Umgebungstemperatur pruefen
  • Alle 3-5 Jahre: Batterieaustausch (bei VRLA-Batterien), unabhaengig vom Zustand

Viele USV-Systeme unterstuetzen Hot-Swap-Batterien, die ohne Unterbrechung der Stromversorgung gewechselt werden koennen. Bei groesseren Anlagen empfiehlt sich ein Wartungsvertrag mit dem Hersteller oder einem spezialisierten Dienstleister.

Einsatzgebiete

USV-Systeme finden ueberall dort Anwendung, wo Stromausfaelle zu Datenverlust, Produktionsausfall oder Sicherheitsrisiken fuehren koennen.

  • Rechenzentren und Serverraeume: Schutz von Servern, NAS-Systemen und Netzwerkinfrastruktur
  • Arbeitsplaetze: Schutz vor Datenverlust bei ungespeicherten Dokumenten
  • Medizintechnik: Lebenserhaltende Geraete, Diagnosegeraete
  • Telekommunikation: Telefonanlagen, Mobilfunk-Basisstationen
  • Industriesteuerungen: SPSen, Prozessleitsysteme
  • Sicherheitstechnik: Brandmeldeanlagen, Zugangskontrolle, Videoueberwachung

In Rechenzentren arbeiten USV-Anlagen typischerweise mit Notstromaggregaten zusammen: Die USV ueberbrueckt die wenigen Sekunden, bis der Dieselgenerator anlaeuft und stabile Leistung liefert. Dies gewaehrleistet eine lueckenlose Stromversorgung auch bei laengeren Ausfaellen.

USV in der IT-Praxis

Als Fachinformatiker fuer Systemintegration wirst du regelmaessig mit USV-Systemen arbeiten. Die Aufgaben reichen von der Dimensionierung ueber die Installation bis zur Integration in Monitoring-Systeme. Das Verstaendnis der verschiedenen USV-Typen und ihrer Kennzahlen hilft dir, die richtige Loesung fuer jeden Anwendungsfall zu waehlen.

Auch die Zusammenarbeit mit anderen Infrastrukturkomponenten ist wichtig: USV-Systeme werden oft mit RAID-Systemen fuer Datensicherheit und Failover-Loesungen fuer Hochverfuegbarkeit kombiniert. Zusammen bilden sie ein umfassendes Konzept fuer die Ausfallsicherheit der IT-Infrastruktur.

Quellen und weiterfuehrende Links