Zuletzt aktualisiert am 04.12.2025 7 Minuten Lesezeit

UDP

UDP (User Datagram Protocol) ist ein verbindungsloses Transportprotokoll, das auf Schicht 4 des OSI-Modells arbeitet. Es wurde 1980 in RFC 768 definiert und ermoeglicht den schnellen Versand von Datenpaketen ohne vorherigen Verbindungsaufbau.

Im Gegensatz zu TCP verzichtet UDP bewusst auf Zuverlaessigkeitsmechanismen wie Bestaetigung, Reihenfolgegarantie oder Neuuebertragung. Dadurch entsteht weniger Overhead, was UDP zur idealen Wahl fuer zeitkritische Anwendungen macht, bei denen Geschwindigkeit wichtiger ist als die garantierte Zustellung jedes einzelnen Pakets.

Funktionsweise von UDP

UDP arbeitet nach dem verbindungslosen Prinzip. Das bedeutet, dass vor der Datenuebertragung keine Verbindung zwischen Sender und Empfaenger hergestellt wird. Die Daten werden in Form von unabhaengigen Datagrammen versendet, die jeweils separat behandelt werden.

Jedes Datagramm kann auf einem anderen Weg durch das Netzwerk geleitet werden und in beliebiger Reihenfolge beim Empfaenger ankommen. UDP kuemmert sich nicht darum, ob Pakete verloren gehen, dupliziert werden oder in falscher Reihenfolge eintreffen. Die Anwendung selbst ist dafuer verantwortlich, mit diesen Situationen umzugehen.

Der Unterschied zu TCP

Waehrend TCP einen Three-Way Handshake durchfuehrt und jedes Paket bestaetigt, sendet UDP die Daten einfach ab und hofft auf das Beste. Du kannst dir UDP wie eine Postkarte vorstellen: Du schreibst sie, wirfst sie ein, und ob sie ankommt, erfaehrst du nie mit Sicherheit. TCP hingegen ist wie ein Einschreiben mit Rueckschein.

Aufbau des UDP-Headers

Der UDP-Header ist bewusst minimal gehalten und besteht aus nur 8 Bytes (64 Bit). Diese kompakte Struktur reduziert den Overhead erheblich im Vergleich zum 20-60 Byte grossen TCP-Header.

Feld Groesse Beschreibung
Source Port 16 Bit Port des Absenders (optional)
Destination Port 16 Bit Port des Empfaengers
Length 16 Bit Gesamtlaenge des Datagramms (Header + Daten)
Checksum 16 Bit Pruefsumme zur Fehlererkennung (optional bei IPv4)

Der Source Port ist optional und kann auf 0 gesetzt werden, wenn keine Antwort erwartet wird. Der Destination Port ist hingegen zwingend erforderlich, da er bestimmt, an welche Anwendung auf dem Zielrechner die Daten weitergeleitet werden. Viele UDP-basierte Dienste verwenden Well-known Ports wie Port 53 fuer DNS oder Port 67/68 fuer DHCP.

Die Pruefsumme

Die Pruefsumme (Checksum) ermoeglicht eine grundlegende Fehlererkennung. Bei der Berechnung wird ein sogenannter Pseudo-Header einbezogen, der Teile des IP-Headers enthaelt (Quell- und Ziel-IP-Adresse, Protokollnummer 17 fuer UDP, Laenge). Bei IPv4 ist die Pruefsumme optional, bei IPv6 hingegen verpflichtend.

Eigenschaften von UDP

Die charakteristischen Eigenschaften von UDP ergeben sich aus dem bewussten Verzicht auf Zuverlaessigkeitsmechanismen. Das macht UDP fuer bestimmte Anwendungsfaelle besonders geeignet.

  • Verbindungslos: Kein Verbindungsaufbau erforderlich, sofortiger Versand moeglich
  • Unzuverlaessig: Keine Garantie fuer Zustellung, Reihenfolge oder Duplikatfreiheit
  • Geringe Latenz: Kein Handshake bedeutet weniger Verzoegerung
  • Minimaler Overhead: Nur 8 Bytes Header statt 20-60 Bytes bei TCP
  • Keine Flusskontrolle: Sender sendet so schnell er kann
  • Keine Staukontrolle: Passt Senderate nicht an Netzwerkauslastung an
  • Broadcast-faehig: Kann Pakete an alle Geraete im Netzwerk senden

Vergleich: UDP vs. TCP

Die Wahl zwischen UDP und TCP haengt von den Anforderungen der jeweiligen Anwendung ab. Beide Protokolle haben ihre Berechtigung und werden auf der Transportschicht des TCP/IP-Modells eingesetzt.

Eigenschaft UDP TCP
Verbindung Verbindungslos Verbindungsorientiert
Zuverlaessigkeit Keine Garantie Garantierte Zustellung
Reihenfolge Nicht garantiert Garantiert
Geschwindigkeit Schneller Langsamer (Overhead)
Header-Groesse 8 Bytes 20-60 Bytes
Flusskontrolle Nein Ja
Staukontrolle Nein Ja
Anwendungen Streaming, VoIP, Gaming, DNS Web, E-Mail, Dateitransfer

Fuer Anwendungen, bei denen jedes Byte ankommen muss (Webseiten, E-Mails, Dateiuebertragungen), ist TCP die richtige Wahl. Bei zeitkritischen Anwendungen wie VoIP, Video-Streaming oder Online-Gaming ist der Verlust einzelner Pakete weniger problematisch als Verzoegerungen durch Neuuebertragungen. In diesen Faellen wird UDP bevorzugt.

Typische Anwendungen von UDP

UDP wird ueberall dort eingesetzt, wo geringe Latenz wichtiger ist als 100%ige Zuverlaessigkeit. Die folgenden Anwendungsbereiche nutzen UDP als Transportprotokoll:

DNS-Anfragen

Das Domain Name System verwendet standardmaessig UDP auf Port 53. DNS-Anfragen sind typischerweise klein und passen in ein einzelnes Datagramm. Da Namensaufloesung schnell erfolgen muss, waere der Overhead eines TCP-Verbindungsaufbaus unverhältnismaessig. Nur bei grossen Antworten (ueber 512 Bytes) oder Zonentransfers wird auf TCP umgeschaltet.

DHCP

DHCP (Dynamic Host Configuration Protocol) nutzt UDP auf den Ports 67 (Server) und 68 (Client). Bei der automatischen IP-Adressvergabe kennt der Client zu Beginn weder seine eigene noch die IP-Adresse des Servers. Eine verbindungsorientierte Kommunikation waere daher gar nicht moeglich. UDP mit Broadcast-Unterstuetzung ist hier die einzig sinnvolle Loesung.

VoIP und Videokonferenzen

Bei Voice over IP und Videokonferenzen ist Echtzeitkommunikation entscheidend. Ein verlorenes Sprachpaket wird einfach uebersprungen, da eine Neuuebertragung zu spaet kaeme. Moderne VoIP-Anwendungen nutzen UDP in Kombination mit RTP (Real-time Transport Protocol), das auf UDP aufbaut und zusaetzliche Funktionen wie Zeitstempel und Sequenznummern bietet.

Online-Gaming

In Online-Spielen muessen Spielerpositionen, Aktionen und Ereignisse in Echtzeit uebertragen werden. Ein Paket mit einer veralteten Spielerposition ist wertlos, wenn bereits eine neuere Position vorliegt. Daher setzen die meisten Multiplayer-Spiele auf UDP, oft mit einer eigenen Zuverlaessigkeitsschicht fuer kritische Daten wie Punktestaende oder Chat-Nachrichten.

Streaming

Video- und Audio-Streaming-Dienste nutzen haeufig UDP-basierte Protokolle. Bei Live-Streams ist ein verlorenes Frame weniger stoerend als ständige Pufferung. Allerdings verwenden moderne Streaming-Plattformen wie Netflix oder YouTube mittlerweile haeufig HTTPS (also TCP), da die Qualitaet von TCP-Verbindungen im Internet stark verbessert wurde und HTTP-Streaming einfacher durch Firewalls kommt.

UDP und Sicherheit

UDP bietet von sich aus keine Sicherheitsmechanismen. Die Daten werden im Klartext uebertragen und sind nicht vor Manipulation geschuetzt. Die optionale Pruefsumme erkennt nur zufaellige Uebertragungsfehler, keine absichtlichen Aenderungen.

Fuer sichere Kommunikation ueber UDP wird DTLS (Datagram Transport Layer Security) eingesetzt, das Pendant zu TLS fuer datagrambasierte Protokolle. DTLS bietet Verschluesselung, Authentifizierung und Integritaetsschutz, ohne die Vorteile von UDP aufzugeben.

UDP als Angriffsvektor

Da UDP verbindungslos ist, kann die Absenderadresse leicht gefaelscht werden (IP-Spoofing). Dies wird bei verschiedenen Angriffen ausgenutzt:

  • UDP Flood: Der Angreifer sendet massenhaft UDP-Pakete an zufaellige Ports des Ziels
  • DNS Amplification: Kleine Anfragen mit gefaelschter Absenderadresse loesen grosse Antworten aus
  • NTP Amplification: Aehnliches Prinzip mit dem Network Time Protocol

Um solche Angriffe zu erschweren, setzen Netzwerkadministratoren auf Rate Limiting, Ingress Filtering und andere Schutzmassnahmen auf Firewall- und Router-Ebene.

QUIC: Die Evolution von UDP

Mit QUIC (Quick UDP Internet Connections) hat Google ein modernes Transportprotokoll entwickelt, das auf UDP aufbaut. QUIC kombiniert die Geschwindigkeitsvorteile von UDP mit Zuverlaessigkeitsmechanismen und integrierter Verschluesselung.

HTTP/3, die neueste Version des Web-Protokolls, nutzt QUIC statt TCP. Der Vorteil: Verbindungen werden schneller aufgebaut, und ein verlorenes Paket blockiert nicht mehr alle Datenstroeme (wie es bei TCP der Fall ist). QUIC zeigt, dass UDP als Basis fuer leistungsfaehige, zuverlaessige Protokolle dienen kann.

UDP in der Praxis

Das Verstaendnis von UDP gehoert zum Grundlagenwissen fuer Fachinformatiker fuer Systemintegration. Bei der Konfiguration von Firewalls, der Fehlersuche in Netzwerken oder der Analyse von Datenverkehr ist es wichtig zu wissen, welche Dienste UDP nutzen und wie sich UDP-Traffic von TCP unterscheidet.

Auch Fachinformatiker fuer Anwendungsentwicklung begegnen UDP, wenn sie Netzwerkanwendungen programmieren. Die Wahl zwischen UDP und TCP ist eine grundlegende Designentscheidung, die von den Anforderungen der Anwendung abhaengt.

Analyse mit Wireshark

Mit Tools wie Wireshark kannst du UDP-Traffic im Netzwerk analysieren. Im Gegensatz zu TCP siehst du bei UDP keine Handshake-Pakete oder Bestaetigung. Jedes Datagramm steht fuer sich allein:

# Beispiel: DNS-Anfrage (UDP)
Frame: 74 bytes
Ethernet II: Src: aa:bb:cc:dd:ee:ff, Dst: 11:22:33:44:55:66
IPv4: Src: 192.168.1.100, Dst: 8.8.8.8, Protocol: UDP (17)
UDP: Src Port: 54321, Dst Port: 53, Length: 40, Checksum: 0x1a2b
DNS: Standard query for example.com

Quellen und weiterfuehrende Links