Routingtabelle
Eine Routingtabelle (auch Routing Information Base genannt) ist eine zentrale Komponente in Computernetzwerken, die Informationen darüber enthält, wie Datenpakete durch das Netzwerk geleitet werden sollen. Sie gibt Aufschluss darüber, auf welchem Weg (Route) sich ein netzwerkfähiges Gerät mit anderen Netzwerken und deren Teilnehmern verbinden kann.
Jedes netzwerkfähige Gerät, das Datenpakete weiterleiten soll, benötigt eine Routingtabelle. Dazu gehören:
- Router als zentrale Netzwerkkomponenten
- Computer und Server
- Switches mit Routing-Funktionen
- Mobile Endgeräte im Netzwerk
Die Routingtabelle wird vom Betriebssystem des Netzwerkgeräts beim Start erstellt und während des Betriebs kontinuierlich aktualisiert. Sie enthält für jeden möglichen Zielbereich im Netzwerk Informationen darüber, an welchen nächsten Router (Next Hop) die Datenpakete weitergeleitet werden sollen und über welche lokale Netzwerkschnittstelle dies geschehen soll.
Hauptaufgaben einer Routingtabelle:
- Bestimmung des optimalen Wegs für Datenpakete durch das Netzwerk
- Verwaltung von Routing-Informationen für verschiedene Teilnetze
- Bereitstellung von Alternativrouten bei Netzwerkausfällen
- Optimierung des Datenverkehrs durch Metriken und Prioritäten
Die Bedeutung von Routingtabellen nimmt mit der Komplexität des Netzwerks zu. In kleinen Heimnetzwerken enthält die Routingtabelle oft nur wenige Einträge. In Unternehmensnetzwerken oder gar im Internet-Backbone können Routingtabellen tausende von Einträgen umfassen. Die effiziente Verwaltung und Aktualisierung dieser Tabellen ist daher eine zentrale Aufgabe des Netzwerkmanagements.
Routingtabellen können ihre Informationen auf verschiedene Arten erhalten:
- Automatisch durch direkt verbundene Netzwerke
- Manuell durch Konfiguration statischer Routen
- Dynamisch durch Routing-Protokolle wie BGP, OSPF oder RIP
Die Qualität und Aktualität der Einträge in der Routingtabelle hat direkten Einfluss auf die Performance und Zuverlässigkeit der Netzwerkkommunikation. Fehlerhafte oder veraltete Einträge können zu Verbindungsproblemen oder ineffizienten Routing-Entscheidungen führen.
Aufbau einer Routingtabelle
Eine Routingtabelle besteht aus mehreren essentiellen Komponenten, die zusammen die Wegewahl für Datenpakete ermöglichen. Jeder Eintrag in der Tabelle repräsentiert dabei eine mögliche Route zu einem Zielnetzwerk.
Die Kernbestandteile eines Routingtabellen-Eintrags sind:
- Ziel-Netzwerkadresse: Die IP-Adresse des Zielnetzwerks, für das dieser Eintrag gilt
- Subnetzmaske: Legt fest, welcher Teil der IP-Adresse zum Netzwerk gehört
- Gateway: Die IP-Adresse des nächsten Routers (Next Hop)
- Schnittstelle: Das physische oder virtuelle Netzwerkinterface
- Metrik: Ein Zahlenwert, der die Güte der Route angibt
Hier ein Beispiel für den Aufbau einer typischen Routingtabelle:
Ziel-Netzwerkadresse | Subnetzmaske | Gateway | Schnittstelle | Metrik |
---|---|---|---|---|
192.168.1.0 | 255.255.255.0 | direkt | eth0 | 0 |
192.168.2.0 | 255.255.255.0 | 192.168.1.1 | eth0 | 1 |
10.0.0.0 | 255.0.0.0 | 192.168.1.254 | eth0 | 2 |
0.0.0.0 | 0.0.0.0 | 192.168.1.1 | eth0 | 1 |
Bedeutung der einzelnen Komponenten:
-
Die Ziel-Netzwerkadresse in Kombination mit der Subnetzmaske definiert den IP-Adressbereich, für den dieser Eintrag gilt. Der letzte Eintrag (0.0.0.0) ist die Default-Route für alle nicht explizit aufgeführten Ziele.
-
Die Gateway-Adresse gibt an, an welchen Router die Pakete als nächstes gesendet werden sollen. Der Eintrag "direkt" bedeutet, dass das Zielnetzwerk direkt erreichbar ist.
-
Die Schnittstelle bezeichnet das physische oder virtuelle Interface (wie eth0, wlan0), über das die Pakete gesendet werden.
-
Die Metrik ist ein Zahlenwert, der die "Kosten" der Route angibt. Je niedriger der Wert, desto bevorzugter ist die Route. Bei mehreren möglichen Routen zum gleichen Ziel wird die Route mit der niedrigsten Metrik gewählt.
Ein besonderer Eintrag in der Routingtabelle ist die Default-Route (auch Standard-Route genannt):
0.0.0.0 0.0.0.0 192.168.1.1 eth0 1
Diese Route wird verwendet, wenn keine spezifischere Route für ein Ziel gefunden wird. In heimischen Netzwerken zeigt sie typischerweise auf den Internet-Router.
Die Routingtabelle wird bei der Wegewahl von oben nach unten durchsucht, wobei die spezifischste Route (längste übereinstimmende Präfix) Vorrang hat. Dies wird als "Longest Prefix Match" bezeichnet und stellt sicher, dass immer die genaueste verfügbare Route gewählt wird.
Arten von Routing-Einträgen
Die Einträge in einer Routingtabelle können auf drei verschiedene Arten entstehen. Jede dieser Arten hat spezifische Eigenschaften und eignet sich für unterschiedliche Einsatzszenarien.
Direkt verbundene Netze
Diese Routing-Einträge entstehen automatisch, sobald eine Netzwerkschnittstelle mit einer IP-Adresse konfiguriert wird. Sie haben folgende Eigenschaften:
- Werden ohne zusätzliche Konfiguration erstellt
- Haben üblicherweise die Metrik 0
- Sind immer aktiv, solange die Schnittstelle funktioniert
- Können nicht manuell geändert oder gelöscht werden
Statische Routen
Statische Routen werden manuell von Netzwerkadministratoren eingerichtet und haben folgende Charakteristiken:
Vorteile:
- Hohe Sicherheit durch manuelle Kontrolle
- Keine zusätzliche Netzwerklast durch Routing-Protokolle
- Geringer Ressourcenverbrauch auf den Netzwerkgeräten
- Ideal für kleine Netzwerke mit wenigen Änderungen
Nachteile:
- Hoher Verwaltungsaufwand bei großen Netzwerken
- Keine automatische Anpassung bei Netzwerkänderungen
- Fehleranfällig bei manueller Konfiguration
- Keine automatische Umleitung bei Ausfällen
Dynamische Routen
Dynamische Routen werden automatisch durch Routing-Protokolle erstellt und verwaltet. Die wichtigsten Protokolle sind:
Innerhalb autonomer Systeme:
- RIP (Routing Information Protocol)
- OSPF (Open Shortest Path First)
- EIGRP (Enhanced Interior Gateway Routing Protocol)
Zwischen autonomen Systemen:
- BGP (Border Gateway Protocol)
Vorteile dynamischer Routen:
- Automatische Anpassung bei Netzwerkänderungen
- Selbständige Umleitung bei Ausfällen
- Skalierbar für große Netzwerke
- Geringer manueller Verwaltungsaufwand
Nachteile dynamischer Routen:
- Zusätzliche Netzwerklast durch Routing-Protokolle
- Höherer Ressourcenverbrauch auf den Netzwerkgeräten
- Komplexere Fehlersuche
- Mögliche Sicherheitsrisiken durch automatische Updates
In der Praxis verwenden die meisten Netzwerke eine Kombination aus allen drei Arten:
- Direkt verbundene Netze für lokale Verbindungen
- Statische Routen für unveränderliche Verbindungen und Sicherheitsbereiche
- Dynamische Routen für große, sich häufig ändernde Netzwerkbereiche
Die Wahl der richtigen Routing-Art hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Größe des Netzwerks
- Häufigkeit von Änderungen
- Verfügbare Ressourcen
- Sicherheitsanforderungen
- Administrativer Aufwand
Anzeigen der Routingtabelle
Die aktuelle Routingtabelle lässt sich auf allen gängigen Betriebssystemen über die Kommandozeile anzeigen. Die verfügbaren Befehle unterscheiden sich dabei je nach Betriebssystem und IP-Version.
Befehle für IPv4-Routingtabellen
Windows:
# Standardbefehl
netstat -r
# Alternative Befehle
route print
route -4 print
Linux:
# Klassischer Befehl
netstat -r
# Moderne Alternative mit iproute2
ip route
route
# Detaillierte Ausgabe
ip route show
macOS:
# Standardbefehl mit numerischer Ausgabe
netstat -nr
Befehle für IPv6-Routingtabellen
Windows:
# Über netsh
netsh interface ipv6 show route
# Alternative
route -6 print
Linux:
# IPv6-spezifischer Befehl
route -6
# Mit iproute2
ip -6 route
# Über netstat
netstat -6 -r
Unix-Systeme:
# Standardbefehl für IPv6
netstat -f inet6 -r
Die Ausgabe der Befehle enthält typischerweise folgende Informationen:
- Alle aktiven Routen im System
- Die Default-Route
- Direkt verbundene Netzwerke
- Statische und dynamische Routen
- Aktive Netzwerkschnittstellen
Bei Cisco-Routern und ähnlicher Netzwerkhardware wird ein eigenes Kommando verwendet:
# Anzeigen der IP-Routingtabelle
show ip route
Die Routingtabelle sollte regelmäßig überprüft werden, um:
- Fehlerhafte Routing-Einträge zu erkennen
- Die Netzwerkkonfiguration zu verifizieren
- Routing-Probleme zu diagnostizieren
- Die Effizienz der Routing-Konfiguration zu überwachen